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Familienbindungen
„Die Bindungsformel – wie funktioniert eigentlich Liebe?“

UPF Vortragsveranstaltung

Frankfurt am Main, 12. November 2016

Das Thema Familie ist nach wie vor hochaktuell, wenn so manche sie auch zu einem „Auslaufmodell“ erklärt haben. Das zeigen auch die Ergebnisse der „Shell Jugendstudie 2015“, in der das Wertesystem der Jugendlichen in Deutschland untersucht wurde. Werte wie Freundschaft, Partnerschaft und Familie stehen bei Jugendlichen an erster Stelle. 89 Prozent finden es besonders wichtig, gute Freunde zu haben, 85 Prozent, einen Partner zu haben, dem sie vertrauen können, und 72 Prozent, ein gutes Familienleben zu führen.

So waren wir höchst erfreut, dass bei der UPF Veranstaltung fast die Hälfte der Teilnehmer jünger als 25 Jahre alt war.

Nach einer kurzen Einführung in die Grundlagen und Ziele der UPF durch Claus Dubisz wurden wir durch ein unterhaltsames, kurzes Video, „Fred, der Exbärte: Über die Eltern-Kind-Bindung“, auf den Hauptvortrag „Die Bindungsformel – wie funktioniert eigentlich Liebe?“ eingestimmt.



Da die Referentin, Hildegard Piepenburg, Mutter von vier Kindern ist und ein B.Sc. Psychologiestudium absolviert hat, konnte sie sowohl aus persönlicher Erfahrung als auch aus ihrem theoretischen Wissen reichlich schöpfen und ein sehr umfassendes Wissen vermitteln, das sie in drei Themenkreisen - 1) Bindungsforschung, 2) Gehirn- und Emotionsforschung und 3) Was  ist Liebe? - präsentierte.

1) Die Bindungstheorie
ist eine einflussreiche psychologische Theorie, die in den 1950er Jahren von John Bowlby, einem englischen Kinderpsychiater, begründet wurde.

Bindung ist ein emotionales Band und geht vom Kind aus als Ausdruck eines grundlegenden, angeborenen Bedürfnisses nach Nähe und Sicherheit. Das Kind, das allein nicht lebensfähig ist, ist angewiesen auf Betreuung und sucht von sich aus Schutz und Geborgenheit bei jemandem, der „älter und weiser“ ist. Dabei geht es nicht um die Versorgung mit Nahrung oder anderen Dingen, es geht um das Bedürfnis nach Liebe.

Ein weiteres Bedürfnis, das Kinder haben, ist das Erkunden der Umgebung, auch Explorationsbedürfnis genannt. Bindungsverhalten und Explorationsverhalten sind gegensätzlich. Das Kind muss lernen, Nähe und Distanz zu regulieren. Unbekanntes kann erst dann Neugierde auslösen, wenn das Kind sich emotional sicher fühlt. Eine effektive Bindung fördert die Selbständigkeit und Persönlichkeitsentwicklung des Kindes. Anders ausgedrückt, emotionale Sicherheit fördert das Lernen.

Komplementär zu den zwei Verhaltenssystemen des Säuglings ist das sogenannte Fürsorgesystem der primären Bindungsperson, die in der Regel die Mutter ist. Ist sie dem Kind gegenüber einfühlsam und erfüllt seine Bedürfnisse prompt und zuverlässig, entwickelt das Kind eine sichere Bindung. Ist dies nicht der Fall, entstehen unsichere Bindungen, die entweder vermeidend oder ambivalent sein können. Solche Bindungsmuster wirken sich auch in der späteren Paarbindung auf die Qualität der Beziehung aus. Familienbindungen sind ein Leben lang wichtig für unsere emotionale Sicherheit.



2)  Gehirn und Emotionsforschung
Hirnforscher nennen das Gehirn ein biosoziales Organ, denn es ist dafür angelegt, von seiner Umgebung, von den Bezugspersonen, mit geformt zu werden. Besonders  prägend für die Gehirnentwicklung sind die ersten 2-3 Jahre des Kindes.

Eine gute Umgebung in einer harmonischen Familie mit vielseitiger Stimulation fördert das Gehirnwachstum des Kindes. Eine schlechte Umgebung, wie z.B. verantwortungslos und lieblos geführte Waisenhäuser, wirkt sich dagegen hemmend aus, was sich sehr deutlich in den Befunden der Studie des „Bucharest Early Intervention Project“ von Charles A. Nelson mit rumänischen Waisenkindern zeigte.

Die Bedeutung von Emotionen für die menschliche Entwicklung wurde lange unterschätzt. Erst in den 1990er Jahren wurden sie zu einem anerkannten wissenschaftlichen Forschungsgebiet. Die große Überraschung war, dass Gefühle nicht zufällig, unberechenbar und sinnlos sind, sondern logisch, „intelligent“ und überaus effizient. Emotion motiviert uns und bringt uns zum Handeln – ohne Emotion können wir gar nicht handeln. In einer tragfähigen, sicheren Beziehung lernen wir emotionale Intelligenz und entwickeln unsere Fähigkeit zur Empathie.



3) Was ist Liebe?
Durch die Erkenntnisse der Bindungsforschung, der Hirn- und Emotionsforschung wurde  so etwas wie eine Formel für die Liebe gefunden. Die Psychologin und Paartherapeutin Sue Johnson stellt in ihrem Buch: „Liebe macht Sinn“ auch viele praktische Anwendungen dieser Ergebnisse vor, die sie als Emotionsfokussierte Therapie (EFT) für Paare sehr erfolgreich einsetzt. Johnson spricht davon, dass der „Code der Liebe“ geknackt sei. Liebe ist eine innere Haltung, eine Einstellung sich selbst und anderen gegenüber, deren Ziel das Wohlergehen ist. Zu unserer Grundausstattung für das Praktizieren von Liebe gehören das Bindungsbedürfnis, die Fürsorgefähigkeit und die Empathiefähigkeit.

Zum Schluss ihres Vortrages wies Frau Piepenburg noch darauf hin, dass wir  durch die Lehren aller Religionen eigentlich dazu angehalten werden, unser Herz zu entwickeln und Gutes zu tun: „Unter Herz verstehen wir hier den ununterdrückbaren Impuls, Freude durch Liebe zu erfahren. Dieses Herz ist unser tiefster Wesenskern, der uns Menschen von Gott eingepflanzt wurde. Dadurch sind wir ihm ähnlich und streben wie er danach, Freude durch Liebe zu erfahren. Wenn wir liebevolle Beziehungen auf allen Ebenen verwirklichen, in der Familie, zu allen Menschen, zur Natur und zu Gott, wird ganz von selbst die friedliche Welt entstehen, nach der wir uns alle sehnen.“

Dem konnten auch alle Beteiligten zustimmen und bei Kaffee und Kuchen und äußerst anregenden Gesprächen ging die Veranstaltung zu Ende.



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Bericht: Monika Kunde


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