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Familie als Lebensbasis

UPF Vortragsveranstaltung

Hamburg, 3. September 2016

Um zu einem zentralen gesellschaftlichen Thema Stellung zu beziehen, nämlich der Wichtigkeit der Familie in der Entwicklung von Mensch und Gesellschaft, veranstalteten wir ein Symposium zum Thema „Familie als Lebensbasis“. Dazu hatten wir zwei Referenten eingeladen, Hildegard Piepenburg, B.Sc. Psychologie und Geschäftsführerin der UPF–Deutschland, und Gerhard Toelke, Mag. Phil., selbst Familienvater von drei erwachsenen Töchtern.

In seinem Vortrag erklärte Herr Toelke die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Familie vom Standpunkt der Wertvorstellungen unserer heutigen Zeit. Dabei stützte er seine Ausführungen auf zwei Statistiken aus den Jahren 1987–1997 und 2010–2015, die deutlich zeigen, dass sich nahezu 90% der Befragten zu Freundschaft und Familie als höchstem Wert bekennen. Elisabeth Noelle-Neumann (1916–2010), Pionierin der Meinungsforschung in Deutschland und Gründerin des Demoskopie-Instituts Allensbach, beschreibt in ihrer sogenannten „Werteverfallstheorie“ die Veränderung der Gesellschaft durch den Verlust bürgerlicher Werte und zunehmende Säkularisierung, so Herr Toelke. Waren 1970 noch annähernd 100% der deutschen Bevölkerung kirchlich gebunden, so steuern wir mehr und mehr auf eine religionslose Gesellschaft zu. An die Stelle von traditionellen Werten treten Selbsterfahrung und Selbstverwirklichung. Der Soziologe Helmut Klages (geb. 1930) sieht jedoch Selbstentfaltung, ermöglicht durch den Wertewandel, als etwas Positives und weist auf die Möglichkeiten individueller Kreativität und Beweglichkeit in kleineren Verbänden und sozialen Netzen hin.

Ein jüngerer Denker, der Philosoph Dieter Thomä (geb. 1959), beschreibt den Wertewandel als Verlust des Vaters als Leitbild aufgrund des historischen Prozesses der Säkularisierung und Demokratisierung. Die Abschaffung des Patriarchats (Gottvater, Monarch, Familienvater) bahnte den Siegeszug der Demokratie. Dieser Wertewandel kommt in Schillers Gedichtzeile »Alle Menschen werden Brüder« (vertont von Beethoven) zum Ausdruck. Thomä merkt zu diesem neuzeitlich-demokratischen Gesellschaftsideal an, man hätte dabei einen: „...heiklen Punkt übersehen: Wenn alle Menschen Brüder (und Schwestern) sind, wer sind dann ihre Eltern?“ (Dieter Thomä, Vaterlosigkeit ist modern, Neue Züricher Zeitung, 14.06.2008). Bereits in den sechziger Jahren hatte der Arzt und Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich (1908-1982) mit seinem einflussreichen Buch „Auf dem Weg zur vaterlosen Gesellschaft“ auf den Verlust unmittelbarer Vorbilder hingewiesen. Besonders die Sozialpsychologie erkannte schon seit längerer Zeit den Zusammenhang zwischen Vaterlosigkeit und jugendlicher Kriminalität. Dies beschreibt aktuell der Erziehungswissenschaftler Axel Sichler in seinem Buch „Die vaterlose Gesellschaft und ihre Folgen - Der Mangel an Vaterfiguren in der institutionellen Erziehung“ und erwähnt dabei, dass ein großes Vakuum an Vaterfiguren vor allem in Kindergärten und Schulen entstanden sei mit entsprechenden Folgen von Orientierungslosigkeit unter Heranwachsenden.

So kam Herr Toelke zu dem Schluss, dass die Grundidentität des Menschen als Mann und Frau nicht in Frage gestellt werden sollte. Diese Aspekte seien aus dem Ursprungsmuster unserer Schöpfung, in der wir Männlichkeit und Weiblichkeit auf verschiedenen Ebenen finden, abzuleiten. Dieses Muster dient als Grundlage für Beziehungen in der Familie, sprich von Mann und Frau, Eltern–Kinder, Kinder–Eltern und der Geschwister untereinander. Verbiegen wir dieses Muster unnatürlich, hat dies schwere Folgen in der menschlichen Entwicklung und Gesellschaft.

Hildegard Piepenburg stellte nach einer kurzen Pause Ergebnisse der psychologischen Bindungsforschung vor. Einleitend erklärte die Mutter von vier erwachsenen Kindern, dass unsere westlichen Werte wie Freiheit, Gleichheit, Menschenrechte, Toleranz etc. und davon abgeleitete Organisationsformen wie liberale Demokratie, Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit Voraussetzungen haben, die in der frühen Kindheit gelegt werden. Der Mensch als durch und durch soziales Wesen ist so angelegt, dass er nur im Umgang mit anderen Menschen wachsen und zur Reife gelangen kann. Die Familie als kleinste soziale Einheit ist der primäre Ort, an dem Werte gelernt werden und wo nach wie vor jeder Mensch prägende Erfahrungen macht, so Frau Piepenburg. Richtiger Gebrauch von Freiheit, dem Hauptwert unserer Zeit, setzt die Fähigkeit zur Verantwortungsübernahme, Empathie und Selbstbestimmung (Autonomie) voraus. Die Bindungsforschung untersucht u.a. das Verhältnis von Bindung und Autonomie. Als gegensätzliche Pole fördern sie sich, wenn ein Gleichgewicht herrscht. Dabei wurde festgestellt: je sicherer die Bindung eines Kleinkindes im familiären Kontext, desto erfolgreicher später die Autonomieentwicklung, also die Fähigkeit über das eigene Leben zu bestimmen. Dies steht im auffälligen Gegensatz zu den Forderungen verschiedenster politischer Parteien nach immer mehr Kitaplätzen und frühkindlicher Fremdbetreuung. Für ein soziales Miteinander unter Gleichaltrigen ist bei Zweijährigen das Gehirn noch gar nicht weit genug entwickelt, erklärte uns Frau Piepenburg.

Die Bindungstheorie hat biologische, psychologische und soziale Komponenten. Ihr Begründer ist der Kinder-Psychiater John Bowlby (1907-1990), der auch einige Sichtweisen Freuds in Frage stellte. Aber ohne die begleitenden empirischen Studien der kanadischen Entwicklungspsychologin Mary Ainsworth (1913–1999), die Bowlbys Thesen stützten und zur Weiterentwicklung des Ansatzes führten, hätte diese Theorie wohl nicht so große Bekanntheit und vor allem Anwendung gefunden. Die Ergebnisse dieser Forschungen zeigen, dass unsichere Bindungen zur Mutter, zum Vater oder zu anderen primären Bindungspersonen den Menschen in seiner Autonomieentwicklung beeinträchtigen können. Der Grund dafür ist das Zusammenspiel zweier menschlicher Grundbedürfnisse: Bindungsbedürfnis und Explorationsbedürfnis. Durch das feinfühlige Eingehen der Bindungsperson auf die emotionalen Bedürfnisse des Kindes entwickeln sich in den ersten 2 Lebensjahren basale Strukturen in der rechten Hirnhälfte, die die emotionale Sicherheit regulieren. Besteht Bindungssicherheit, können mehr Ressourcen zur Erforschung der Umgebung genutzt werden. Dies wirkt sich auch auf die Intelligenz- und Sprachentwicklung aus, wie Deprivationsstudien an rumänischen Waisenkindern deutlich zeigen. Zum Schluss erwähnte Frau Piepenburg die Sichtweise von UPF, die Familie und Bindung als Schule der Liebe und der Entwicklung der menschlichen Beziehungsfähigkeit sieht. Die Eltern-Kind-Beziehung, die geschwisterliche und die eheliche Beziehung bieten dem Menschen in seiner Entwicklung die bestmöglichen Voraussetzungen. Dies wird durch die heutige Forschung klar bestätigt.

Nun gab es noch eine Ernennung zum Friedensbotschafter. Jörg Otto, der an die zehn Urlaubsreisen nach Nordkorea unternommen hatte und sich darum bemüht, ein ausgewogenes Bild dieses Landes zu vermitteln, freute sich über die Unterstützung seiner Bemühungen durch UPF. Gerhard Toelke hatte mit seiner Tochter an der Peace Road – Fahrradtour teilgenommen und beide erhielten eine Urkunde zur Erinnerung daran.


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Bericht: Ulrich Ganz


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